Ein Tag im Wald
23. April 2017

Sonntagmorgen,
kurz nach Sonnenaufgang.
Der noch junge Tag
ist erfrischend kühl.
Durch das schlafende Dorf
führt mich mein Weg
in die Natur.
Es ist still.
Nur meine Schritte
auf dem Asphalt.
Eine Katze
schaut mich an.
Keine Menschenseele
weit und breit.
Dann bin ich da.
Endlich.

Nur der Wald und ich.
Glücklich tauche ich ein.
Die grüne Welt umfängt mich,
mit ihrer Zerbrechlichkeit,
mit ihrer Kraft.
Weicher Boden
unter meinen Füßen.
Meine Schritte;
lautlos und leicht.
Der Wald trägt mich.
Mein Lieblingsplatz,
eine Gruppe Buchen.
In den Himmel ragende Stämme,
leuchtend grünes Blätterdach.
Glücksgefühl!
Moosbedeckte Stellen,
wie Kissen.
Ich möchte mich niederlegen
und bleiben,
für immer.
Geborgenheit.

Ich stehe einfach nur da,
genieße.
Mit all meinen Sinnen
erwarte ich
das Erwachen des Waldes.
Atme tief ein.
Die Natur
steigt in meine Nase.
Harziger, holziger Geruch,
feuchte Erde,
Moos
und ein mild-süßlicher Duft
früher Blüten.
Einfach nur Sein.
Innere Ruhe
öffnet meine Ohren.
Ich schließe die Augen
und höre.
Flügelschlagen.
Im dichten Blätterdach,
unzählige Vögel.
Pfeifen, zwitschern, tirilieren.
Das Lied des Frühlings.
Frei, süß und verlockend.
Ich lausche andächtig.
Melodie des Waldes.

Die Sonne,
Strahlen funkeln im Blattwerk,
blenden mich.
Ich schließe die Augen.
Wohlige Wärme
liebkost mein Gesicht.
Schatten bemalen den Waldboden.
Lange Linien ziehen sich musterartig,
abwechselnd hell und dunkel
zwischen den Bäumen hindurch.
Wind kommt auf,
umspielt mein Haar.
Sucht seinen Weg durch die Bäume.
Bewegung überall;
erst sachte,
dann stärker.
Blätterrauschen wie Musik.
Ich schaue hinauf.
Die hohen, schlanken Bäume
wiegen laut knarrend hin und her.
Es klingt wie das schnelle Hämmern eines Spechts.
Zu meinen Füßen
plötzliches Rascheln.
Zwei Eichhörnchen,
klettern flink in die Höhe,
jagen von Ast zu Ast,
von Baum zu Baum.
Dann sind sie fort.

Ein unsichtbares Band.
Es verbindet.
Die Bäume miteinander
und mich mit ihnen.
Energie umgibt mich.
Kraftvoll.
Mütterlich.
Schützend.
Achtsam gehe ich
von Buche zu Buche.
Berühre jede Einzelne.
Mit meinen Händen,
meinem Gesicht,
meiner Seele.
Lehne mich an.
Eins mit der Natur.
Spüre heilende Kraft.
Geborgenheit.
Alles ist gut.
Hier und jetzt.
Ohne Zeit,
ohne Raum.
Dieser Moment,
sonst nichts.
Seelenbalsam.
Seelenfrieden.

Irgendwann
tauche ich auf,
gehe heim.
Verlasse den Wald
aber nur
für diesen Tag.
Tief erfüllt und reich beschenkt
kehre ich nach Hause zurück.
Auf meinen Wangen
Spuren von Tränen.
Tränen des Glückes
und der Dankbarkeit.
Schon morgen komme ich wieder …

©2015bgrawe

 

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