Herbstfreude
11. Oktober 2015

Nun hat uns der Herbst eingeholt.

Nach einem manchmal zu heißen Sommer genieße ich die gerade angebrochene Jahreszeit. Ich mag die Kälte, die mir nach der Trägheit vergangener Hitze neue Energie gibt. Die früher einsetzende Dunkelheit lässt mich nach einem Tag an der frischen Luft mit noch mehr Freude nach Hause heimkehren.

Schon von Kindesbeinen an liebe ich Herbst und Winter am meisten. Was Andere oftmals deprimiert bedeutet für mich gesteigerte Behaglichkeit und Geborgenheit. Nach Hause kommen heißt nun, kuschelige Wärme und gemütliches Licht. Das Beisammensein der Familie in Herbst und Winter habe ich schon in Kindertagen anders empfunden, als im Sommer oder Frühjahr.

Die wuselige Umtriebigkeit der hellen und warmen Jahreszeiten lässt nach und weicht einem angenehmen ‘zur Ruhe kommen’.

Ich erinnere mich gerne an die Bedeutung des Herbstes in meiner Kindheit.

Während ich Zuhause die Gemütlichkeit genoss, die sich dort in der kalten Jahreszeit breit machte, war ich genauso gerne draußen. Ich war schon immer ein Kind der Natur. Das nahegelegene Schönthal mit dem darin verlaufenden Beverbach und der Landschaftspark Gillesbachtal boten ganzjährig wunderbare Spielmöglichkeiten.

Der Herbst war für mich immer eine fröhlich bunte Jahreszeit, in der sich die Natur stark veränderte. Diese Veränderungen zu beobachten bereitete mir Freude. War der Herbst windig, hieß es, Drachen steigen lassen. Die damals meist in der Schule selbst gebastelten Fluggeräte wirbelten, wenn man alles richtig gemacht hatte, hoch durch die Lüfte.

Das war ein Vergnügen! Natürlich wurde geschaut, wessen Drache am höchsten stieg, was nicht nur an der längsten Schnur lag. Wer es nicht beherrschte, hatte mit verhedderten Schnüren, abgestürztem Drachen und so manches Kind nicht zuletzt mit kullernden Tränen zu kämpfen.

Den Oktober mochte ich seit jeher am liebsten, vielleicht auch weil er mein Geburtsmonat ist.

Für mich stand er immer für die ganze Farbenpracht des Herbstes. Nicht umsonst spricht man gerne vom goldenen Oktober. Für mich hatte er nur Schönes. Ich liebte die bunten Beeren an Hecken und Sträuchern und die sich färbenden und herabfallenden Blätter der Bäume.

Ich hob sie gerne auf, um sie genau anzusehen. Besonders schön gezeichnete Exemplare nahm ich mit nach Hause. Der Herbst war schließlich auch eine Zeit des Sammelns. Die Natur hielt genügend bereit. Wie alle Kinder freute ich mich an den rotbraun glänzenden Kastanien, die sich so unvergleichlich in die Hand schmiegen.

Damit füllten wir nur zu gerne unsere Jackentaschen,

um sie wie einen kostbaren Schatz nach Hause zu tragen.

Aber auch Tannenzapfen und Eicheln mit ihren wie Baskenmützchen aussehenden Kappen waren beliebt. Sammelzeit hieß schließlich auch Bastelzeit. Kastanien, Eicheln und bunte Blätter waren dazu bestens geeignet. Bucheckern und Nüsse hingegen luden zum Knabbern ein. Alles, was man draußen selber erntet, schmeckt ja bekanntlich noch mal so gut!

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Unvergessen ist da auch der große alte

Walnussbaum, der in unserer Straße stand.

Natürlich warteten wir Kinder nicht bis sie herunterfielen. Wir versuchten meistens schon vor der eigentlichen Erntezeit sie mit Stöcken zu lösen. Das klappte nicht immer, aber meistens. Oftmals waren sie noch nicht reif und schmeckten etwas bitter. In Verbindung mit diesen Walnüssen habe ich eine kleine Begebenheit am Rande in Erinnerung, die mich noch heute schmunzeln lässt.

Als Drittklässlerin war ich unsterblich in den Nachbarsjungen Franz verliebt. Und wie das dann so ist; man umgarnt sich. Eines Tages, als wir Kinder wieder mal versuchten Walnüsse zu ernten, machte er mir ein draufgängerisches Angebot: Küsse gegen Nüsse!

Heldenhaft mutig wollte er in den Baum

hineinklettern um nur für mich zu pflücken.

Ein nicht ganz gefahrloses Unterfangen; der Baum war alt und an manchen Stellen morsch. Und dazu ließ Franz sich nicht lumpen; gleich 50 Nüsse sollten es sein! Im Gegenzug sollte ich ihn küssen. Mein verliebtes Herz schlug aufgeregt bis zum Halse. Der Junge war heiß umschwärmt von allen Mädchen, und ein solches Angebot hätten sie sicherlich auch gerne gehabt.

Trotzdem ließ ich mich nicht darauf ein, vielleicht weil ich bis dahin noch nie geküsst hatte? Obwohl ich ein selbstbewusstes Mädchen war, an dieser Stelle war ich dann wohl doch noch zu schüchtern. So wurde weder etwas aus den Nüssen noch aus den Küssen. Der Walnussbaum wurde leider ein Jahr später abgeholzt. Er musste einem Neubau weichen. So war das damals. Doch zurück zum Thema Herbst.

Was ich als Kind so am Oktober liebte, ist bis heute geblieben.

Noch immer laufe ich gerne durch das raschelnde Laub am Wegesrand und noch immer sammel ich Kastanien, Eicheln und Nüsse. Während der goldene Monat eher bunt und sonnig daher kommt, sieht das im November meist anders aus.

Verregnet, nasskalt, duster und trüb zeigt sich dieser Monat meistens und ist daher nicht gut gelitten. Die Natur verliert scheinbar ihre ganze Pracht; Braun ist nun die vorherrschende Farbe. All das schlägt so manchem aufs Gemüt. Bei mir war und ist das anders. Auch dann bin ich gerne draußen.

Die Melancholie, die sich an nebligen Tagen über die Landschaft legt,

berührt meine Seele auf einzigartige Weise.

Wenn dann noch die Rufe der Rabenvögel zu hören sind, ist die Stimmung perfekt. Wer nun auf den Gedanken kommt, ich würde zur Melancholie neigen, der irrt. Ich bin ein ausgesprochen lebensfreudiger Mensch. Vielleicht, weil ich letztlich in allem einen Sinn und damit auch etwas Positives finde?

Alles im Leben und in der Natur hat seine Bedeutung und seine Zeit. Für mich laden die nasskalten Tage auch zum Innehalten ein. Der November mag etwas von Tristesse haben, doch ist er gleichzeitig der Vorbote der Weihnachtszeit. Und genießen wir nicht zuletzt darum den Dezember, die Adventzeit die ganz im Zeichen des Lichts steht, umso mehr?

Als überzeugte Herbst- und Winterliebhaberin fotografiere ich zu dieser Zeit die Natur am liebsten. Draußen bin ich zu jeder Jahreszeit, doch die meisten Fotos entstehen in den Monaten Oktober bis März. So kann ich, was nun kommt in jeglicher Hinsicht sehr genießen. Möge es Ihnen ebenso gehen.                                                             

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